Gotland e.V. hat schon Pläne für eine Nutzung der ehemaligen Kita – Stadt will Gebäude abreißen

Südstadt. Sätze wie aus dem schlimmsten Alptraum eines Hausbesitzers: „Die Heizung muss erneuert werden. Deren Betrieb kann nur für vier Stunden sichergestellt werden. Die elektrischen Leitungen liegen über dem Putz. Morgens tritt Geruch nach verwesten Tieren auf.“ Und so weiter. Der Hausbesitzer der ehemaligen Gotland-Kita ist die städische Gebäudewirtschaft und die möchte das stärkste Instrument in Stellung bringen, das sie hat: Die Abrissbirne. Die Kita war wegen der baulichen Mängel schon im vergangenen Sommer geschlossen worden. Die Kinder wurden auf benachbarte Einrichtungen verteilt.

„Spielplatz im schwedischen Stil? Was soll das denn sein? Soll da eine blau-goldgelbe Fahne wehen?“ Julie Caziers, Grüne

Die Gebäudewirtschaft würde es nun „begrüßen“, wenn die ehemalige Kindertagesstätte Gotland im Volksgarten rückgebaut würde. So steht es in einer Vorlage für die nächste Sitzung der Bezirksvertretung (BV) Innenstadt. In der Behörde gibt es auch schon eine Idee für das Danach: „Als Folgenutzung wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen, dass an der Stelle ein öffentlicher Spielplatz in diesem Bereich angelegt wird. Zur Würdigung dews Gotlandhauses könnte dieser im schwedischen Stil gestaltet werden.“ Wäre sie nicht so wütend, so müsste Julie Caziers lachen: „Spielplatz im schwedischen Stil? Was soll das denn sein? Soll da eine blau-goldgelbe Fahne wehen?“, fragt die Fraktionsvorsitzende der Grünen in der BV. Sie erwartet von der Verwaltung die Umsetzung politischer Beschlüsse und keine selbstherrlichen Abriss-Fantasien. In der März-Sitzung des vergangenen Jahres hatten die Bezirksvertreter die Verwaltung einstimmig aufgefordert, ein Konzept zum Erhalt des Gebäudes möglichst als Kita vorzulegen. Sollte der Verwaltung kein wirtschaftlich überzeugendes Konzept einfallen, sollten sich bei einer Ausschreibung gemeinnützige und private Träger für die Nutzung des Kita-Gebäudes bewerben können, so der Beschluss der BV.

Drei Bewerber listet die Verwaltung auf. Ein privater Träger möchte eine Kindertagesstätte für Kinder unter drei Jahren eröffnen. Eine weitere Anfrage hat ein Jugendhilfepartner gestellt, der junge Menschen begleitet und ihnen hilft, Perspektiven für ihre Lebenswege zu finden. Die ehemalige Kita könnte nach Vorstellung des Vereins ein Ort für außerschulische sportbezogene Bildungsarbeit im linksrheinischen Köln werden. Auch in der Nachbarschaft hat man sich Gedanken über die Zukunft des Gebäudes gemacht und den Gotland e.V. gegründet. „Wir wollen das Gebäude als eine bürgernahe Bildungs- und Begegnungsstätte nutzen für unterschiedliche Generationen und Bevölkerungsgruppen. Wir wollen Gemeinschaft bilden und gemeinnützig sein. Wir richten uns in erster Linie an Menschen aus der Nachbarschaft zu der zum Beispiel Familien, Alleinerziehende, Senioren, Obdachlose gehören“, beschreibt Vereinsmitgründerin Ela Lichtenberg die Idee. Dienstags bis freitags soll es ein Café geben. Eine Gartengruppe soll sich gründen. Das Kursangebot in dem Nachbarschafts-Zentrum soll reichen von Fußball für Kinder, Senioren-Bingo, Kochen, Extra-Zeit zum Lernen, um Corona-Defizite aufzuholen, Ukulele spielen, Yoga, Keramik-Werkstatt bis hin zu Angeboten des Jungen Literaturhauses. 30 Leute haben zugesagt, ehrenamtlich kostenlose Kurse anzubieten. Eine Petition für die Einrichtung der Begegnungsstätte haben 1300 Personen unterschrieben. Eine entsprechende Bürgereingabe wird in der nächsten Sitzung der BV verhandelt. „Wir kennen die Bewerber nicht“, ärgert sich Julie Caziers und erwartet von der Verwaltung nähere Informationen.

Einen Schritt weiter ist die CDU. „Wir sind dafür, dass der Gotland e.V. den Betrieb übernimmt“, sagt Ralf Uerlich, Fraktionsvorsitzender der CDU in der BV. Er geht davon aus, dass in dieser Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. „Entsetzt“ ist Tim Cremer, der die SPD-Fraktion führt, über die Abrisspläne, denen man „so nicht zustimmen“ werde. Er erwartet, dass die Verwaltung alles tut, um das Gebäude zu erhalten. Das wird nicht leicht sein angesichts von geschätzten Sanierungskosten in Höhe von 560 000 Euro. Die schrecken auch Ela Lichtenberg. Aber sie setzt auf starke Verbündete wie die KG Ponyhof. „Mit der Pony-Power kriegen wir das hin. Ich verstehe nicht, warum uns die Verwaltung es nicht einfach versuchen lässt.“

Kölner Stadt-Anzeiger – Text: Stefan Rahmann