Schwedische Honorarkonsulin warb in Bezirksvertretung für das Holzgebäude – Demo im Volksgarten
Neustadt-Süd. Andreas Hupke ist ja schon etwas länger im Geschäft. Aber auch er hat noch nicht alles erlebt. „Ich war ja früher sowas wie ein Berufsdemonstrant. Aber dies hier ist die erst Demo, die ich angemeldet habe“, kommentierte er seine Premiere auf den Stufen der Gotland-Kita im Volksgarten. Bezirksbürgermeister Hupke, Vertreter und Vertreterinnen der anderen Fraktionen in der Bezirksvertretung (BV) Innenstadt und zahlreiche Aktivisten waren erschienen, um sich für den Erhalt des Gebäudes einzusetzen.
Die Verwaltung möchte den Holzbau abreißen, weil die Sanierung nicht mehr lohne. Nachbarn möchten die Ex-Kita, die seit dem Sommer leer steht, als bürgernahe Bildungs- und Begegnungsstätte nutzen.
„Gotland in Kinderhand“ und „Ein Haus fürs Veedel“ war auf Protestplakaten bei der Demo zu lesen. Hupke erinnerte an die historischen Dimensionen. „Schweden hat nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand zur Versöhnung gereicht. Dieses Haus hat eine Seele.“ Das schwedische Rote Kreuz hat der Stadt damals die Kita geschenkt, in der bedürftige Kinder auch zu essen bekamen. „Zwei Flügel und ein Längstgebäude. Das erinnert an ein Schloss, ein Schloss für Kinderträume und Kinderfreuden“, sagt Günter Leitner von der CDU-Fraktion. Weil die Gotland-Kita damals stadtweit die einzige war, die auch über Mittag geöffnet blieb, ließen vor allem allein erziehende Mütter ihre Kinder dort betreuen. Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz, was Leitner ärgert. Er kritisiert die „stein- und betonköpfige Denkmalpflege in Köln“. Das wollte der Stadtkonservator Dr. Thomas Werner nicht auf sich sitzen lassen. Er war zur Sitzung der BV Innenstadt gekommen, um während der Aktuellen Stunde zur Zukunft der Gotland-Kita Auskunft zu erteilen. „Wir stellen keine Seelen unter Schutz, sondern Gebäude, die wegen ihrer Materialität und Funktion als Dokumente gelten. Ideelle und historische Orte wie etwa der Hügel der der Schlacht von Waterloo können nicht unter Denkmalschutz stehen.“ Im Übrigen sei die Unterschutzstellung ein juristisch klar geregelter Prozess, den nur der Eigentümer, das städtische Amt für Denkmalschutz und Denkmalpflege sowie der Landschaftsverband Rheinland anstoßen könnten. Das musste auch Dr. Juliane Kronen zur Kenntnis nehmen. Die Honorarkonsulin des Königreichs Schweden war aus Düsseldorf zur Sitzung der Bezirksvertretung gekommen, um für den Erhalt des Gebäudes zu werben. „Schweden hat damals die Hand ausgestreckt, als die anderen noch Besatzer waren“, sagt Kronen und nannte die Gotland-Kita ein historisches Denkmal für die deutsch-schwedischen Beziehungen und ein wichtiges Beispiel schwedischer Identität, die sich auch auf die soziale Verantwortung für andere gründe. Kronen wünscht sich ein Nutzungskonzept, „das sich von schwedischen Sozialinovationen inspirieren lässt“.
Die Honorarkonsulin verwies darauf, dass im Rheinland über 200 schwedische Unternehmen Standorte unterhalten. Deren Potenzial gelte es einzubinden.
„Ich habe zwar kein Geld, aber Kontakte.“ Geld war eines der Stichworte für Wolfgang Behrisch von der städtischen Gebäudewirtschaft. Von ihm stammt die Vorlage, die Gotland-Kita abzureißen. Geschätzte Sanierungskosten in Höhe von 560 000 Euro hat er den Bezirksvertretern schriftlich gegeben. Mündlich verdoppelte er die Summer. „Ich gehe davon aus, dass wir mit Honoraren und Risikozuschlägen am Ende bei Kosten von über einer Million Euro landen.“ Sehr zum Ärger von Michael Scheffer, Bezirksvertreter der Linken: „So macht die Verwaltung das immer. Sanierungskosten werden künstlich hoch gerechnet, Neubaukosten künstlich runter gerechnet.“
Behrisch bleibt leidenschaftslos: „Wenn die Politik das verlangt, machen wir eine neue Vorlage.“ Aber die Kosten für die Sanierung seien halt so hoch.
Auf Vorschlag der CDU beschloss die Bezirksvertretung einstimmig einen Antrag mit vier Punkten: Die Politiker lehnen den Verwaltungsvorschlag ab, das Gotland-Gebäude abzureißen. Es soll geprüft werden, wie das Haus in die Denkmalschutzliste eingetragen werden kann. Darum soll sich der zuständige Ratsausschuss für Kunst und Kultur kümmern. Die Bezirksvertretung beauftragt die Verwaltung, mit Interessenten über die weiter Nutzung des Gebäudes zu verhandeln.
Ela Lichtenberg ist Mitgründerin des Vereins Gotland, der die Begegnungsstätte beteriben möchte. Sie und Mitstreiterin Bettina Wente haben ihre Idee mittels einer Bürgereingabe den Bezirksvertretern vorgestellt. Lichtenbergs Fazit nach der Sitzung: „Wir freuen uns über die Maßen, dass die Politik einstimmig den Erhalt des Gebäudes beschlossen hat. Hoffentlich gelingt es uns jetzt zügig, mit der Gebäudewirtschaft endlich in Kontakt zu kommen.“
Kölner Stadt-Anzeiger – Text: Stefan Rahmann